Probleme durch zu viele Nutzer*innen

Moin, dies ist ein Hilferuf an euch. Vielleicht könnt ihr uns in einer misslichen Situation mit eurer Erfahrung aushelfen. In unserem Verein zum kostenlosen Verleih von Lastenrädern gibt es eine starke Strömung für die Aufgabe des seit 2016 gefahrenen Konzepts. Die Ausleihe von Lastenrädern soll nach Meinung dieser Gruppe an die Mitgliedschaft gekoppelt werden. Diesen Bemühungen liegt ein durchaus realistisches Problem zugrunde: Wir (der Vorstand von auriculum und der gesamte Verein) ersticken an unserem Erfolg. Die Zahl der Nutzer*innen ist auf über 500 gestiegen, bei 60 Mitgliedern. Die damit verbundenen Probleme sind ebenfalls so stark gestiegen, dass sie von 4 ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern kaum noch zu bewältigen sind.

Folgende Probleme haben in den letzten Monaten auffällig zugenommen:

Immer mehr Nutzerinnen nutzen unser Angebot unter Missachtung der Nutzungsbedingungen. Sie buchen z.T. Wochen im Voraus mehrere Räder gleichzeitig, geben diese an nicht registrierte Personen - z.T. Jugendliche - weiter oder holen eines ab, ohne die anderen gebuchten zu stornieren. Sperren wir deren Zugang, melden sie sich umgehend neu an. Unser Vorstandsmitglied für die Kontrolle der Registrierungen und Buchungen kommt mit der Kontrolle kaum noch nach.
Die Meldungen von unseren Stationen, wo die Räder abgeholt und zurückgebracht werden, über stark verschmutzte und reparationsbedürftige Räder nehmen mehr und mehr zu. Auch das ist ehrenamtlich kaum noch zu bewältigen. Die Verantwortlichkeit vieler Nutzer
innen für den Verein und die Räder sinkt rapide. Damit verbunden, nehmen die Kosten für die Wartung und Reparatur unserer 6 Räder (davon 4 E-Lastenräder) immens zu.
Beschwerden von Mitgliedern - letztlich den Hauptförderern unseres Vereins - nehmen zu, die sich beklagen, bei den Buchungen kaum noch zum Zuge zu kommen.

Wie geht ihr mit solchen Problemen um ? Wir im jetzigen Vorstand möchten an der Gründungsidee festhalten. Aber der Druck von Mitgliedern nimmt zu.

Vielen Dank für eure Hilfe. Gerald Fiene (für den Vorstand von auriculum)

Hey Gerald, wir schauen sehr gespannt aus München zu euch, da wir hier gerade einen Re-Start mit neuem Verein machen und auch schnelles Wachstum erwarten.

Mit der positiven Seite der Geschichte, dass immer mehr Menschen Lastenräder wollen, könntet ihr versuchen mehr Gelder für eine langfristige Finanzierung durch die Stadt zu erreichen… Dann könnten auch gewisse Arbeiten bezahlt werden.

Ansonsten könntet ihr versuchen die Mitglieder und mehr Menschen rund um die Stationen einzubinden, um mehr soziale Kontrolle zu erzeugen. Vielleicht verbunden mit einem Stationswechsel.

Vielleicht könnt ihr euch nach der Theorie der Commons auch ein bisschen nach den 8 Designprinzipien nachschärfen…
Weiter hat sich ja diese Studie hier auch mit dem langfristigen Erhalt der commons beschäftigt…: https://dein-lastenrad.de/images/9/95/Esther_Rublack_Mapping_a_road_for_Commons_Cargobike.pdf

Wir drücken auf jeden Fall die Daumen und glauben, dass ihr wieder an Stärke gewinnen könnt. Haltet uns gerne auf dem Laufenden.
Liebe Grüße Raphi

Moin Raphi, vielen Dank für deine Rückmeldung. Beim Start unserer Initiative 2016 haben wir sehr viel logistische und finanzielle Unterstützung erhalten: von der Stadt, von privaten Spendern, vom Umweltministerium in Berlin … Nur so konnten wir 6 Lastenräder anschaffen (4 mit Motor, 2 ohne).Unser Ziel, die Idee des Lastenrads in unserer Stadt Aurich (42.000 Einwohner) bekannt zu machen, ist voll aufgegangen. Inzwischen haben sich bereits rund 30-40 Familien und Betriebe Lastenräder angeschafft. Eigentlich ist damit unser Gründungsgedanke voll und ganz in Erfüllung gegangen. Leider machen uns aber die personellen, logistischen und finanziellen Probleme derzeit zunehmend Probleme. Die Zahl der Nutzer*innen steigt ständig, sogar Familien aus anderen Teilen Deutschlands, die in Ostfriesland Urlaub machen, buchen - wenn es nicht gerade durch Corona eingeschränkt ist - unsere Räder weit im Vorfeld, weil es ja kostenlos ist. Insofern sind wir inzwischen von einem “Leuchtturmprojekt” zu einem kostenlosen Dienstleister geworden. Die 60 Mitglieder unseres Vereins kommen kaum noch zum Zuge. Deshalb denken wir über Alternativen nach. Gruß, Gerald

Hallo Gerald,

das klingt ja dramatisch bei euch! Gleichzeitig “Hut ab” vor eurem Erfolg!
Bei uns in Köln kam und kommt das auch regelmäßig vor und wir haben die Erfahrung gemacht, dass hier leider nur die Investition des zeitaufwändeb Dialogs hilft und dieser über das Telefon oder vor Ort.
Oft die ist den Leuten nicht klar, was hinter einem Freien Lastenrad steckt und das Angebot wird wie jeder kommerzielle Service bis in die letzten Möglichkeiten ausgereizt.
Um den solchen Entwicklungen vorzubeugen könnte eine Kampagne/Kommunikation (inkl. Presse) helfen.
Beim Thema Schäden haben wir gute Erfahrungen gemacht im direkten Dialog mit leisem Spendenboxschäppern, wenn die Leute das Rad zurückbringen.
Das Thema Neuregistrierung von gesperrten Nutzenden ist schwer in den Griff zu kriegen und im Zweifel auch bei der persönlichen Übergabe der Räder im direkten Dialog lösbar. Im Extremfall könntet ihr aber auch technisch die Registrierung nur einzeln und nach persönlichem Kontakt über einen anderen Kanal (z.B. Anruf) freigegben.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass ihr es mit einer kleinen und eingrenzbaren Gruppe/Szene von Menschen zu tun habt, die ihr, mit der richtigen Ansprache, noch in die richtige Richtung schieben könnt.

Ich wünsche euch viel Erfolg dabei!
Haltet durch und meldet euch bitte gerne wieder!

lg
Hannes für KASIMIR – Dein Lastenrad